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Heroin

Heroin ist ein halbsynthetischer Stoff, der durch chemische Prozesse aus dem Saft der Schlafmohn-Samenkapseln gewonnen wird. Er hat gleichzeitig stark betäubende und euphorisierende Wirkung. Heroin gehört zu den illegalen, sogenannten „harten“ Drogen und hat ein extrem hohes Suchtpotenzial.

Rohopium ist der getrocknete Saft der unreifen Samenkapseln des Schlafmohns (Papaver somniferum). Schon im 4. Jahrtausend v. Chr. war Opium bei den Ägyptern und Sumerern als Medizin und Rauschdroge bekannt. Gegen 1500 n. Chr. hatte es auch in China einen festen Platz in der traditionellen Medizin. Als es dort immer mehr als Rauschdroge in Mode kam, waren die negativen Folgen für das Land beträchtlich. Schließlich sprach die chinesische Regierung Einfuhrverbote aus, wogegen Handelspartner weltweit heftig protestierten – vor allem England, dass seinen Absatzmarkt gefährdet sah. Opium war als Rauschmittel und Handelsware begehrt. Im ganzen Land konsumierte man zu allen möglichen Zwecken Laudanum . Der Handelskrieg eskalierte im 19. Jahrhundert in den sogenannten Opiumkriegen. Der Hauptwirkstoff des Opiums, sein Alkaloid Morphin , wurde zuerst 1806 von dem deutschen Apotheker Friedrich Wilhelm Sertürner isoliert. 1841 entwickelte Pravaz die Injektionsspritze, mit der Morphin gespritzt werden konnte. Im amerikanischen Sezessionskrieg, im deutsch-französischen Krieg und in den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts linderte Morphium als Schmerz mittel erfolgreich die Schmerzen zahlloser Kriegsverwundeter. Leider hinterließ es viele von ihnen schwerst süchtig – ebenso wie manche Ärzte.

Bei der Suche nach einem nicht abhängig machenden Ersatz stieß man auf das stark wirkende Heroin. 1898 brachte die Firma Bayer das neue, angeblich harmlose Wundermittel gegen vielfältigste Beschwerden auf den Markt. Den Namen „Heroin“ erhielt es, weil sich damit selbst unmenschlichste Schmerzen heldenhaft ertragen ließen: „heros“ heißt auf Griechisch „Held“. 1904 bemerkte man endlich, dass die Substanz noch schneller süchtig macht als Morphin. Trotzdem blieb es bis 1931 auf dem Markt, und erst 1958 erhielt es in Deutschland offiziell den Status einer illegalen Droge.

Heroin wird als Pulver gehandelt, dessen Farbe von Weiß bis hin zu Dunkelbraun variieren kann. In Nordamerika ist es schwarz („black tar“) und fest. In der Szene nennt man es meist „H“ (englisch wie der Buchstabe H ausgesprochen: „Äitsch“). Die häufigste Konsumform ist das Spritzen. Dazu wird Heroin entweder pur oder zusammen mit Zitronensäure in etwas Wasser aufgekocht, gefiltert und dann in eine Vene injiziert. Vielfach wird das Pulver wie Kokain durch die Nase aufgezogen („gesnieft“) oder, auf Aluminiumfolie erhitzt, inhaliert. Eher selten sind das Spritzen unter die Haut oder in den Muskel oder die Gabe als Einlauf in den After.

… ist Heroin ein Alkaloid des Schlafmohns. Aus Opium, dem getrockneten Saft der Samenkapseln, wird Morphin gewonnen, das wiederum mit zwei Essigsäuren umgewandelt wird zu Diacetylmorphin (DAM): Heroin. Im Handel befindliches Heroin ist oft mit anderen Zutaten gestreckt. Gängig ist auch die Beimischung anderer psychoaktiver Substanzen wie etwa Valium oder Fentanyl (weit verbreitet in den USA und bereits festgestellt in Großbritannien). Die chemische Summenformel von Heroin lautet C21 H23 NO5 .

Heroin wird im Gehirn zu Morphin abgebaut, ist aber wesentlich besser fettlöslich als dieses. Deshalb erreicht es seinen Wirkort nach einer Injektion extrem schnell und wirkt entsprechend schneller und stärker. Durch die Flutung der entsprechenden Rezeptoren werden ver mehrt die körpereigenen Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin und Serotonin („Glückshormone“) ausgeschüttet, was eine starke Euphorie auslöst. Herz- und Atem frequenz sind reduziert, die Pupillen verengen sich. Ängste, Anspannung, depressive Gefühle, sexuelle Lust, Selbstwertprobleme und Müdigkeit werden unterdrückt. Außenreize treten in den Hintergrund, der Konsument fühlt sich angenehm „wie in Watte gepackt“. Hohe Dosen machen schläfrig. Die Ausprägung dieser Effekte hängt sehr vom körperlichen Allgemeinzustand des Konsumenten sowie vom Reinheitsgrad des Heroins ab.

Wirkungsdauer

Wird das Heroin gespritzt, tritt die Wirkung nach wenigen Sekunden ein („Flash“) und klingt nach etwa 2–4 Stunden ab. Sniefen oder Rauchen sorgt für eine etwas langsamere, dafür aber länger anhaltende Wirkung.

Nachweisbarkeit

Heroin wird über die Leber abgebaut und größtenteils über die Nieren ausgeschieden. Im Blut ist es bis zu 24 Stunden, im Urin 3–7 Tage und in Haarproben viele Monate lang nachweisbar.

Heroin ist eine der Drogen mit dem höchsten Abhängigkeitspotenzial. Es gibt keinen sicheren Konsum! Der Weg in die Abhängigkeit beginnt mit der Entwicklung einer Toleranz. Ab diesem Zeitpunkt erreicht man den gewünschten „Kick“ nur durch immer größere Mengen der Droge. Gerade bei Personen, die mit Heroin dem Alltag entfliehen oder ihr Selbstwertgefühl steigern wollen, ist der Griff zur nächsten Dosis dann sehr wahrscheinlich. Hier beginnt der Weg in die psychische Abhängigkeit. Bleibt die nächste Dosis jedoch aus, kommt es auch körperlich zu äußerst unangenehmen Entzugssymptomen.

Körperliche Entzugserscheinungen

Schweißausbrüche, Unruhe und Zittern, tränende Augen und laufende Nase, Gänsehaut, Hitze-Kälte-Schauer, Sprach- und Koordinationsstörungen, Anstieg von Herzfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur bis hin zu Schwindel, Magenkrämpfe, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, Schmerzen in Bauch, Armen und Beinen, „tretende Beine“.

Psychische Entzugserscheinungen

Unruhe- und Angstgefühle bis hin zu Psychosen, Verwirrung und Desorientierung (manchmal mit Gedächtnislücken), Per sön lichkeitsveränderung (z. B. mit Ängstlichkeit, Depression oder Aggression), extremes Substanzverlangen („Craving“ oder Suchtdruck). Die Symptome eines Heroin- Entzugs (auch „Cold Turkey“ oder „Affe“) beginnen wenige Stunden nach der letzten Dosis und können mehrere Tage lang anhalten.

Der Konsum von Heroin birgt enorme Risiken. Neben der rasch eintretenden Abhängigkeit mit allen Begleiterscheinungen wie großen Gesundheitsproblemen, sozialem Abstieg, Kriminalität und Verelendung besteht eigentlich immer die Gefahr einer Überdosierung, weil man nie sicher wissen kann, wie rein das gekaufte Heroin ist. Auch zu schnelle Nachdosierung kann den Körper an seine Grenzen bringen. Eine Überdosierung kann zum Tod führen. Sie äußert sich zunächst durch Bewusstseinstrübung bis hin zur Bewusstlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen (Gefahr, an Erbrochenem zu ersticken), verlangsamte Atmung bis hin zur Blaufärbung der Haut durch Sauerstoffmangel – und schließlich Kreislaufversagen. Helfen können dann eigentlich nur die möglichst schnelle Beatmung sowie die Gabe des Gegenmittels Naloxon.

Auch bei bestehender Herointoleranz und langjähriger Abhängigkeit ist der Grat zur tödlichen Überdosis extrem schmal. Wenn Sie an sich selbst oder anderen Heroinkonsumenten entsprechende Symptome bemerken, zögern Sie nicht, sofort den Rettungsdienst zu rufen!

Streckmittel im Heroin und das wiederholte Spritzen sorgen für eine Verödung und Vernarbung der Venen. Wird neben die Vene gespritzt, ist dies nicht nur extrem schmerzhaft, sondern kann auch zu Abszessen führen. Manche Verunreinigungen können das Abwehrsystem des Körpers auf die Barrikaden rufen – dann kommt es zum gefürchteten „Shake“ . Außerdem besteht die Gefahr, sich durch unsaubere bzw. benutzte Spritzen und Kanülen oder durch benutzte Filter oder unreines Wasser mit HIV oder Hepatitis anzustecken. Vereinzelt wird auch von anderen Krankheiten berichtet, die durch geteiltes Spritzbesteck übertragen werden.

Zusätzlich birgt das Sniefen des Heroins durch scharf kantige Röhrchen die Gefahr, sich an der Naseninnenseite zu ver letzen. Bei Mischkonsum mit z. B. Benzodiazepinen kann es zu Arm-, Bein- oder gar Schädelbrüchen kommen, wenn Konsumenten im Rausch von Krämpfen überwältigt werden, unkontrolliert zucken, um sich schlagen oder stürzen. Bei dauerhaftem Gebrauch (vor allem bei Heroin schlechter Qualität) sind Folgeschäden verschiedenster Art beinahe unausweichlich.

Körperliche Folgeschäden

  • Schwächung des Immunsystems und aller Organe
  • Durchblutungsstörungen durch Verödung und Vernarbung der Venen nach anhaltendem Konsum
  • Thrombosen und Geschwüre
  • Entzündungen der Herzklappen
  • Chronische Verstopfung bis hin zum Darmverschluss
  • Störungen des Menstruationszyklus bei Frauen (Achtung, unsichere Wirkung der Antibabypille!)
  • Beim Sniefen: irreversibles Brüchigwerden der Nasenscheidewand mit häufigem Nasenbluten bis hin zum Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns
  • Beim Rauchen: Lungenschädigung durch Ablagerungen und auf Dauer Verschleimung (weil der natürliche Hustenreiz unterdrückt wird) Impotenz (Männer) und sexuelle Unlust (alle Geschlechter) Zahnausfall

Psychische Folgeschäden

  • Depressive Verstimmung
  • Antriebs- und Konzentrationsstörungen
  • Schlafstörungen
  • Persönlichkeitsveränderungen
  • Suizidneigung (im Falle von Selbsttötung durch Heroin als „Goldener Schuss“ bezeichnet)

Soziale Folgeschäden

  • Strafrechtliche und finanzielle Probleme
  • Allgemeiner sozialer Verfall und Isolation, z. B. durch Vernachlässigung der Körperpflege
  • Hohe Gefahr, im Zuge der Beschaffungskriminalität z. B. in die Prostitution zu geraten

Heroin beeinträchtigt die Entwicklung des Ungeborenen. Das Risiko für Fehl- und Totgeburten sowie körperliche und geistige Schädigungen des Kindes ist erhöht. Weil die Wirkstoffe auch in die Muttermilch übergehen, muss gemeinsam mit Arzt und Hebamme geklärt werden, ob gestillt werden kann. Abhängige Mütter sollten in diesen beiden sensiblen Phasen der Kindesentwicklung unbedingt versuchen, dem Heroin fernzubleiben. Oft gelingt die Substitution mit weniger kindesschädigenden Substanzen (siehe Folgekapitel). Die Substitutionsbehandlung gilt in der Schwangerschaft als Behandlung der ersten Wahl.

Oft wird Heroin mit anderen Suchtsubstanzen kombiniert. Dadurch entstehen weitere Gefahren:

…mit Benzodiazepinen oder anderen beruhigenden Substanzen:

Gefahr eines Atemstillstands durch Lähmung des Atemzentrums

…mit Kokain:

Sogenannter „Speedball“: Extreme Gefahr einer Überdosierung mit Herz-/Lungenversagen wegen gegensätzlicher Wirkungsweise

…mit Crack/Freebase:

Sehr starke Kreislaufbelastung

…mit LSD, Ecstasy, Psychopilzen oder Cannabis:

Mögliche unangenehme Rauscherfahrung

…mit manchen HIV-Medikamenten:

Durch schnelleren Abbau des Heroins im Blut früher einsetzende Entzugserscheinungen und Gefahr der Überdosierung beim Nachspritzen u. Ä.

Auch Naloxon, das Heroin-Gegenmittel, birgt Gefahren: sehr plötzliche und starke Entzugserscheinungen durch Hemmung der Heroinwirkung. Wird dann erneut Heroin konsumiert, besteht beim Nachlassen der Naloxon-Wirkung extreme Gefahr der Überdosierung!

Im Alleingang ist der Weg aus einer Heroinabhängigkeit nur schwer zu schaffen. Die körperlichen Entzugserscheinungen klingen zwar nach etwa einer Woche ab, doch das Substanzverlangen bleibt noch lange bestehen. Es ist deshalb sehr sinnvoll, den Entzug von Anfang an therapeutisch zu begleiten. Ob dazu ein stationärer Aufenthalt in einer spezialisierten Klinik oder eine ambulante Therapie zielführender ist, sollte im Einzelfall der Arzt im Kontakt mit einer Fachkraft der psychosozialen Betreuung entscheiden. Im Anschluss an alle Entzugsmethoden muss über längere Zeit eine Einzel- oder Gruppentherapie stattfinden, damit die abhängige Person sich gesundheitlich und sozial stabilisieren kann.

Sonderfall Substitutionstherapie

Weil die Entzugserscheinungen bei einer Heroinabhängigkeit so extrem sind, ist ein Rückfall sehr wahrscheinlich. Deshalb wird die Droge im Rahmen einer Substitutionsbehandlung oft zunächst durch eine andere, legale Substanz ersetzt. Die bekannteste von ihnen ist Methadon. Das Medikament wirkt nicht berauschend, aber gerade ähnlich genug auf den Körper wie Heroin, um Entzugssymptome zu verhindern. Auf diese Weise kann die abhängige Person zumindest aus dem Teufelskreis rund um die Heroinbeschaffung aussteigen und der Szene den Rücken kehren. Erster Ansprechpartner ist dann eine Suchtberatungsstelle oder der Hausarzt bzw. jede suchtmedizinische Ambulanz. Die Hilfe der Beratungsstellen ist in der Regel kostenlos.

Wichtiger Hinweis: Diese Texte dienen lediglich der allgemeinen Information und ersetzen keine professionelle medizinische Beratung. Wenn Fragen zu psychischen Erkrankungen auftauchen, sollte ein Facharzt oder Psychotherapeut kontaktiert werden.

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